B 474n: Zeitraum für Einwände „nicht bürgerfreundlich“

Die Leveringhäuser Straße in Waltrop werde durch die Ortsumgehung kaum entlastet, sagen Kritiker der Pläne.
Die Leveringhäuser Straße in Waltrop werde durch die Ortsumgehung kaum entlastet, sagen Kritiker der Pläne. © Archiv
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Antonius Mertenskötter, seit Langem Gegner der B 474n aus Waltrop-Leveringhausen, hat in einer E-Mail an Regierungspräsidentin Dorothee Feller die Umstände des Einwendungs-Verfahrens kritisiert. Mertenskötter schreibt zunächst, er habe sich verpflichtet gefühlt, sich gegen den Bau der Ortsumgehung Waltrop einzubringen. Das sei er seiner vor wenigen Tagen mit 101 Jahren verstorbenen Mutter Gertrud (wir berichteten) schuldig. Sie hatte bereits im ersten Verfahren von Ende 2016 die negativen Auswirkungen und die Betroffenheit der örtlichen Landwirte „eindrucksvoll dargestellt“.

„Das kann nicht einmal ein Profi“

Mertenskötter hat zwar zeitgerecht seine Einwendung eingereicht, schreibt aber dazu: „Leider ist es mir aus Zeitgründen nicht gelungen, aufgrund der umfangreichen Unterlagen alle Aspekte in meinen Widerspruch einzufügen. Dafür seien die Zeiträume für die Offenlage und die Einwendungen – je vier Wochen – zu kurz gewesen. „Ich möchte betonen, dass die vielen tausend Seiten, gespickt mit Gutachten, Stellungnahmen und Kartenmaterial, die Planungsbehörden in über zehn Jahren zusammengetragen haben, nicht mal ein Profi verantwortungsvoll in acht Wochen sichten und beurteilen kann, auch wenn er sich täglich mit der Materie beschäftigt. Und das gilt für mich als Laie erst recht.“ Hinzu komme, dass der Zeitraum der Offenlegung in der NRW-Ferienzeit, „nicht gerade die bürgerfreundlichste Art“ sei. „Das gilt besonders auch für die betroffenen Landwirte, die in dem Zeitraum sich mehr mit ihrer Getreideernte beschäftigten mussten und sich mit den hochwassergeschädigten Landwirten in NRW und Rheinland-Pfalz solidarisiert haben. Zeitraubende, komplizierte Gutachten zu studieren, dazu hat ein Landwirt in solchen Situationen keine Zeit.“

„Niederschmetternde“ Prognose

Unterdessen äußert sich Michael Baumeister vom Waltroper Aufbruch noch einmal zur Sache selbst: Das Ergebnis der aktuellen Verkehrsprognose sei „mehr als niederschmetternd“, da von einer Entlastung der stark befahrenen Leveringhäuser Straße nur in einem zu vernachlässigenden Umfang auszugehen sei – lediglich acht Prozent Entlastung an der Lidl–Kreuzung. Der heutige Rückstau auf der Leveringhäuser Straße werde sich nur verschieben: auf die Viktorstraße und auf die Recklinghäuser Straße/Berliner Straße.

Am Wochenende hatte die Waltroper FDP geargwöhnt, die Waltroper SPD ändere ihre bisher zustimmende Position. Anlass war eine von Bürgermeister Marcel Mittelbach beauftragte kritische Eingabe der Stadt zur Straße gegenüber der Bezirksregierung – vorerst ohne entsprechendes Mandat des Rates.

Persönliches Gespräch brachte Klarheit

Bei den Sozialdemokraten in der Nachbarstadt Datteln löst diese Stellungnahme zur B474n indes keine große Panik aus, wie der Dattelner Parteichef Pascal Joswig auf Nachfrage bestätigt. Natürlich hätten die Stellungnahme und die damit verbundenen Reaktionen aus der Waltroper Politik eine gewisse Verwunderung ausgelöst. Ein persönliches Gespräch mit Waltrops Bürgermeister Marcel Mittelbach habe dann aber für Klarheit gesorgt, so Joswig. In diesem Gespräch habe Mittelbach seinem Dattelner Kollegen versichert, dass die Position der Waltroper Sozialdemokraten zum Straßenbauprojekt unverändert sei und die Stellungnahme allein aus den genannten juristischen Gründen abgegeben wurde. Aus Joswigs Sicht sei die „bewusst sehr offen gehaltene“ Stellungnahme in den Sommermonaten auch nicht unüblich, um einer anstehenden politischen Entscheidung im Rat nicht vorzugreifen.

Im Zuge des persönlichen Gespräches mit dem Waltroper Verwaltungs- und SPD-Chef sei die Stimmung im Dattelner Lager nun entspannt, sagt Joswig. Er betont nochmals, dass die erwarteten Entlastungseffekte auch erst mit dem Waltroper Stück der Umgehungsstraße vollends eintreten und die B474n für das ebenfalls seit Jahren geplante Industriegebiet newPark eine wichtige Anbindung an den Verkehr bedeutet.

„Bruch der Aarhus-Konvention“

Antonius Mertenskötter sieht in der Art, wie das Beteiligungsverfahren durchgezogen wurde, einen „Bruch der Aarhus-Konvention“. Das ist ein am 25. Juni 1998 in der dänischen Stadt Aarhus unterzeichnete und am 30. Oktober 2001 in Kraft getretene Übereinkommen der Wirtschaftskommission für Europa (UNECE) über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten.