Ex-Reserveoffizier aus NRW gesteht Spionage für Russland „Frieden und Völkerverständnis“

Der angeklagte ehemalige Bundeswehrreserveoffizier (r.) steht mit seinem Verteidiger Christopher Hilgert vor der Urteilsverkündung im Gerichtssaal.
Der angeklagte ehemalige Bundeswehrreserveoffizier (r.) steht mit seinem Verteidiger Christopher Hilgert vor der Urteilsverkündung im Gerichtssaal. © picture alliance/dpa
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Ein Bundeswehroffizier aus NRW soll für Russland spioniert haben. Der Oberstleutnant wurde am Freitag (18.11.) in Düsseldorf wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, die Strafe zur Bewährung ausgesetzt.

Der Angeklagte war neben seiner beruflichen Tätigkeit als Vertriebsleiter eines Unternehmens in Erkrath als Reserveoffizier im Rang eines Oberstleutnants stellvertretender Leiter eines Kreisverbindungskommandos. Laut Gericht stand er seit 2014 zu mehreren ranghohen Mitarbeitern aus dem Militärattachéstab der russischen Botschaft in Berlin in Kontakt, die zugleich dem russischen militärischen Nachrichtendienst GRU angehörten. Er übermittelte diesen Kontaktpersonen eine Vielzahl von Dokumenten und Informationen über das Reservistenwesen der Bundeswehr in Deutschland und der Arbeitsweise des Landes- und Kreisverbindungskommandos.

Informationen an Geheimdienst über Nord-Stream-2-Gaspipeline

Aus dem Bereich der Wirtschaftspolitik lieferte er beispielsweise Dokumente zu den Folgen der im Jahr 2014 gegen die Russische Föderation verhängten Sanktionen für die deutsche und europäische Wirtschaft und zum Engagement der deutschen Wirtschaft in der Ukraine. Im August 2018 übersandte der Angeklagte einen Link zu einem Arbeitspapier der Bundesakademie für Sicherheitspolitik zur Nord-Stream-2-Gaspipeline. Außerdem vermittelte er Publikationen zur Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Vereinigten Staaten von Amerika und seiner westlichen Verbündeten.


Die Kontakte erfolgten teils persönlich oder telefonisch, vor allem aber über E-Mails.

Angeklagter geständig, bestreitet aber Spionagevorwurf

Aus Sicht des Angeklagten sollten die Informationen zu Frieden und Völkerverständigung beitragen, daher räumte er ein, Informationen weiter getragen zu haben, bestritt aber den Vorwurf der Spionage.


Aus Sicht des Gerichts lag die Motivation des Angeklagten unter anderem in seiner russlandfreundlichen Einstellung und dem Drang, sich bei den hochrangigen russischen Militärangehörigen interessant zu machen und seine Reputation als „Sicherheitsexperte“ zu stärken. Für seine Dienste wurde er nicht bezahlt, erhielt aber Einladungen zu Veranstaltungen der russischen Botschaft in Berlin und zu der jährlichen Sicherheitskonferenz in Moskau.

Verteidiger forderte Freispruch

Der Verteidiger des Beschuldigten hatte einen Freispruch gefordert. Die weitergegebenen Informationen seien nicht geheim gewesen, sondern allesamt öffentlich zugänglich. Das ändere nichts an der Strafbarkeit, befand dagegen das Gericht.

Russische Ehefrau ist Putin-Gegnerin

Dass es bei einer Bewährungsstrafe blieb, begründete das Gericht unter anderem damit, dass der Erkrather durch das Bekanntwerden der Vorwürfe „beruflich und privat“ schwer getroffen sei. Er hatte ausgesagt, seine russische Ehefrau sei Gegnerin von Russlands Präsident Wladimir Putin und nach der Hausdurchsuchung in Therapie.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

dpa/blu