
Kostenlose Tampons und Binden auf Toiletten von weiterführenden Schulen, im Bürgerbüro und in öffentlichen Gebäuden – das fordern die Jungsozialisten (Jusos) im Stadtverband Datteln und haben gemeinsam mit der SPD einen entsprechenden Antrag bei der Stadtverwaltung gestellt.
In vielen anderen Ländern, etwa in Schottland oder Frankreich, ist es schon seit einiger Zeit Gang und Gäbe und teilweise sogar gesetzlich geregelt, dass Menstruationsartikel an öffentlichen Orten zur Verfügung gestellt werden. In Hamm sind auf SPD-Initiative vor einigen Wochen auf öffentlichen Frauentoiletten Automaten aufgestellt worden, die kostenlos Hygieneartikel bereithalten. Dieses Pilotprojekt ist in Nordrhein-Westfalen bisher einzigartig.
Thema aus der Tabu-Ecke holen
Nicht mehr lange, wenn es nach den Dattelner Jusos geht: „Diesen Beispielen
soll die Stadt Datteln folgen und einen Beitrag zur Enttabuisierung des Themas Menstruation leisten und mit konkreter Unterstützung Frauen und Mädchen im Alltag stärken“, so Juso-Vorsitzender Pascal Buddäus in dem entsprechenden Antrag. Konkret soll die Stadt entsprechende Spender in den Toilettenräumen aufstellen und dafür sorgen, dass diese vor Vandalismus geschützt sind. „Die Pilotphase soll zwei Jahre dauern, um Erfahrungen und Reaktionen zu sammeln“, schreiben die Jusos weiter.
Finanzielle Entlastung für Frauen
Mit den Automaten für Tampons und Binden würde man gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen, argumentieren die Jusos: Zum einen erspare man Mädchen und Frauen unangenehme Situationen. Etwa, wenn sie von der Blutung überrascht würden und gerade keine Binden oder Tampons dabei haben. Zum anderen sei die kostenlose Ausgabe eine finanzielle Entlastung, besonders für finanzschwache Familien und Leistungsbezieher. „Die Kosten für diese Produkte werden monatlich auf bis zu 15 € geschätzt – Schmerzmittel oder ähnliche mit der Menstruation verbundene Kosten sind dort noch nicht mit eingerechnet“, sagt Tim Tonguc, stellvertretender Juso-Vorsitzender.
„Ich finde die Idee richtig gut“, sagt Regina Brautmeier, Schulleiterin am Comenius-Gymnasium. Zwar könnten sich Schülerinnen im Notfall auch Tampons und Binden im Sekretariat abholen. Doch Spender auf den Toiletten würden es den jungen Frauen natürlich ersparen, ihre missliche Notlage noch einmal in einem halböffentlichen Raum erklären zu müssen. Man müsste das einfach mal ausprobieren, auch um zu sehen, ob mit den Produkten dann nicht mutwillig Mist auf den Toiletten betrieben werde. Eigentlich sieht sie da aber keine Probleme: „Wir haben wenig Ärger auf den Toiletten“, sagt sie.
Periode bereitet Schülerinnen häufig Probleme
Dass der Bedarf an Menstruationsartikeln – zumindest auf den Schultoiletten – groß ist, davon können Amelie Choyka (16), Lisa Kravcov (16) und Emily Zeuge (17) ein Lied singen. Die drei Gymnasiastinnen haben schon viele Situationen erlebt, in denen die Periode Schülerinnen Probleme bereitet hat. Junge Mädchen, die plötzlich von ihrer ersten Blutung überrascht werden. Mädchen mit unregelmäßigem Zyklus, oder Schülerinnen, die einfach morgens versehentlich zur falschen Tasche gegriffen und deswegen auf einmal ohne Tampons oder Binden dastehen – das alles sei Alltag auf den Schulklos. „Hast du was dabei? Die Frage kennt jeder“, sagt Emily. Dass sich die Schülerinnen untereinander mit Hygieneartikeln aushelfen, sei an der Tagesordnung. Und doch passiere das „Dealen“ mit Tampons und Binden meist immer noch leise, still und heimlich. „Es wird geflüstert und man reicht die Tampons unterm Tisch rum“, sagt Lisa. Eigentlich falsch, finden die drei. „Denn das ist ja nichts, wofür man sich schämen muss“. Wenn es Menstruationsartikel auf Schultoiletten kostenlos geben würde, dann würde das vielen, gerade jungen Mädchen, eine enorme Last nehmen, finden sie. Denn die müssten ja erst lernen, mit ihrer Periode umzugehen. Das geschieht nicht immer unfallfrei. Und nicht immer findet sich schnell jemand, der im Notfall Tampons oder Binden auf der Stelle griffbereit hat. Schülerinnen, die wegen Blutflecken in der Kleidung abgeholt werden müssen, selbst gebastelte Binden aus Toilettenpapier – auch das ist Alltag an Schulen.
Frei zugängliche Spender seien eine sehr gute Grundlage für einen normalen Umgang mit dem Thema, betont Emily. „Das sollte so selbstverständlich sein, wie Klopapier“, finden die drei.
Nicht ganz so überzeugt vom Antrag der Jusos zeigt sich Rita Vedder, Leiterin der Hauptschule Hachhausen. „Wir halten für den Notfall ein Kontingent Hygieneartikel im Sekretariat bereit“, sagt sie. Dafür müsse dann ein symbolischer Preis von 20 Cent gezahlt werden. Die Artikel grundsätzlich kostenlos bereitzustellen hält die Hauptschulleiterin für wenig zielführend. Nicht, dass die Hygieneartikel kostenlos bereitgestellt werden sollen, hält sie für problematisch. „Wir gehen davon aus, dass die Mädchen alt genug sind, um sich entsprechend vorzubereiten“, sagt Rita Vetter. „Wenn einmal ein Notfall eintritt, dann wollen wir natürlich helfen. Keine Frage. Aber wir wollen auch erreichen, dass die Schüler lernen, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen.“ Dazu gehöre aus ihrer Sicht auch, sich auf die Regelblutung vorzubereiten.
Die Stadt Hamm hat für die Damenhygieneartikel auf öffentlichen Toiletten übrigens zusätzlich 20.000 Euro im städtischen Haushalt eingeplant. In einigen anderen Städten – unter anderem in Waltrop – hat die SPD jetzt ähnliche Anträge für kostenlose Menstruationsartikel gestellt, wie in Datteln.