Andacht von Pfarrer Thomas Mämecke aus Datteln Wenn aus erbitterten Feinden Gegner werden

Pfarrer Thomas Mämecke aus Datteln.
Pfarrer Thomas Mämecke. © Martin Pyplatz
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„Das Vergangene ist nicht tot, es ist nicht einmal vergangen“ – Für mich bedeutet dieser Satz von William Faulkner: Das Verstehen der Gegenwart und die Gestaltung der Zukunft ohne die eigene Geschichte einzubeziehen, ist nicht möglich. Zumeist stehen in der Schule ja die großen Krisen und Kriege im Zentrum. Im Windschatten der Konflikte gab es aber auch Ereignisse, die in keinem Lehrbuch stehen. Kleine, abweichende Geschichten.

Solch eine Geschichte ist das „Dattelner Abendmahl“: Am Karfreitag vor 100 Jahren reichten sich der französische Offizier Etienne Bach und der Amtsbeigeordnete Karl Wille im Lutherhaus nach dem Empfang von Brot und Wein die Hand. Ein Zeichen der Versöhnung zwischen „Erbfeinden“ zur Zeit der Ruhrbesetzung.

Eine kleine Episode nur, die jedoch bis heute zur Verständigung über Grenzen hinweg ermutigt. Aus Feinden wurden damals Gegner, die sich nicht länger hassen mussten, sondern von ihrem jeweiligen Standpunkt aus respektvoll nach konstruktiven Lösungen suchen konnten. Zum Wohl der ihnen anvertrauten Menschen.

Erinnerung an das „Dattelner Abendmahl“

Etienne Bach sagte später sinngemäß, das „Wunder von Datteln“ sei gewesen, dass sich Feinde auf Augenhöhe begegnet sind. Der Deutsche und der Franzose wurden zwar keine Freunde; das konnte man so kurz nach dem Ersten Weltkrieg auch nicht erwarten. Aber wenn aus erbitterten Feinden Gegner werden, die im Gespräch sind, ist das sehr viel.

Die Dattelner Versöhnungsgeste von 1923 stiftet heute noch junge Menschen aus verschiedenen Ländern an, im Rahmen von „Workcamps“ für eine Zeit zusammenzuleben und zu arbeiten, um einander besser zu verstehen.

Am Sonntag (19.3.) wollen wir in der Lutherkirche mit der EKD-Ratsvorsitzenden Präses Annette Kurschus an die kleine Geschichte vom „Dattelner Abendmahl“ erinnern und hören, was uns die Vergangenheit für unsere Zeit zu sagen hat.