23. Juni 1957: Dem BVB gelingt in Hannover ein sporthistorischer Doppelschlag

Die Mannschaft von Borussia Dortmund von 1957 mit der Meisterschale.
Die Mannschaft von Borussia Dortmund feiert den zweiten Meistertitel in Serie. © Repro Kolbe
Lesezeit

1956 gewinnt der BVB durch das 4:2 gegen den Karlsruher SC zum ersten Mal eine Deutsche Fußball-Meisterschaft. Fast genau ein Jahr später, am 23. Juni 1957, hat der Klub die Chance, den Titel zu verteidigen. Diesmal geht es in Hannovers Niedersachsenstadion im Finale gegen den Hamburger SV.

BVB startet mit der identischen Aufstellung wie im Vorjahr

Morgens um drei Uhr beginnt Platzwart Hebestreit mit der Kreidemarkierung. Kurz vor sechs Uhr kommt ein erster Regenguss. Um neun Uhr errichtet die Polizei eine Vorsperre, um zehn Uhr (!) wird das Stadion geöffnet. Die Fans strömen zu Zehntausenden in die Arena und harren stundenlang geduldig aus. Der BVB macht sich um 14 Uhr auf den Weg von der Sportschule Barsinghausen zum 24 Kilometer entfernten Endspielort. Um 17 Uhr pfeift Schiedsrichter Dusch aus Kaiserslautern die Partie vor 80.000 Zuschauern an.

BVB-Trainer Helmut Schneider, in den 1930er-Jahren gemeinsam mit dem begnadeten Otto Siffling herausragender Spieler bei Waldhof Mannheim, bietet die identische Aufstellung auf wie im Vorjahr. Das ist neu, das schreibt Sportgeschichte. Niemals zuvor – und auch nicht mehr danach bis 1963 – hat es so etwas gegeben. Kwiatkowski, Burgsmüller, Sandmann, Schlebrowski, Michallek, Bracht, Peters, Preißler, Kelbassa, Niepieklo, Kapitulkski laufen für den BVB auf. Der HSV tritt mit seinen jugendlichen Himmelsstürmern Horst Schnoor, Jürgen Werner, Uwe Seeler und Gerhard Krug an. Star der Mannschaft ist Josef „Jupp“ Posipal, Weltmeister von 1954, an der Seitenlinie steht Sportlehrer Günter Mahlmann.

Borussia Dortmund besiegt den Hamburger SV mit 4:1

Der Zufall will es, dass die beiden direkten Gegenspieler Uwe Seeler und Max Michallek nebeneinander ins Niedersachsenstadion einmarschierten. Einem Gerücht zufolge meinte Seeler zu Michallek: „Na, Opa, was willst Du denn hier noch?“ Max Michallek, fast doppelt so alt wie sein Kontrahent, entgegnet in seiner unnachahmlichen Art: „Dich Bürschchen halte ich noch, wenn ich 70 bin!“ Gesagt, getan. Seeler bekommt keinen Stich, Michallek dominiert ihn nicht nur, sondern kurbelt zusätzlich auch noch das BVB-Spiel an.

Tore: 1:0 Kelbassa (16.), 1:1 Krug (22.), 2:1 Kelbassa (23.), 3:1 Niepieklo (24.), 4:1 Niepieklo (77.)

Die Hanseaten zahlen Lehrgeld. Sie unterliegen auch in dieser Höhe verdient mit 1:4. Streckenweise läuft der Ball fast minutenlang regelrecht an den Hamburgern vorbei. Die Vorentscheidung fällt zwischen der 21. und 24. Minute. Zunächst egalisiert Krug vom Nord-Meister die BVB-Führung. Der HSV wittert Morgenluft. Dann folgt unverzüglich die Antwort des BVB mit dem legendären Doppelschlag von Kelbassa und Niepieklo, der die Moral des HSV bricht.

BVB-Team wird als erste „Mannschaft des Jahres“ ausgezeichnet

Die erste Doppel-Meisterschaft in der BVB-Vereinsgeschichte ist damit perfekt. Das Sahnehäubchen auf den großartigen Erfolg wird Anfang 1958 die Auszeichnung als erste „Mannschaft des Jahres“ der deutschen Sportgeschichte. Den „Sportler des Jahres“ gibt es bei den Damen und Herren bereits seit 1947. Erst 1957 kommt die „Mannschaft des Jahres“ hinzu. Die aufsehenerregenden Erfolge der Mannschaft haben unter anderem Anlass dafür gegeben, auch einen Team-Titel einzuführen.

Natürlich geht der Mannschaftskür eine Abstimmung voraus, die der BVB souverän gewinnt. Berücksichtigt wird auch, dass die Schwarzgelben seit Jahren keinerlei Platzverweise zu verzeichnen haben – ein Zeichen fairer sportlicher Haltung. Borussia erhält von den Sportjournalisten 520, die Leichtathleten des TSV München 1860 432 und die berühmte Sprintstaffel des ASV Köln mit ihren Super-Stars Martin Lauer und Manfred Germar 379 Stimmen.